Title | : | Die Kriegerin |
Author | : | |
Rating | : | |
ISBN | : | 3841230482 |
ISBN-10 | : | 9783841230485 |
Language | : | German |
Format Type | : | Kindle Edition |
Number of Pages | : | 249 |
Publication | : | Published September 6, 2022 |
»Die Kriegerin« ist ein Roman über die besondere Freundschaft zweier Frauen, deren oberstes Gebot ist, sich nicht verletzlich zu machen. Helene Bukowski erzählt von den daraus entstehenden Wunden, der Gewalt, ihren Spuren und den Traumata – den erlebten, als auch den vererbten.
Die Kriegerin Reviews
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Lisbeth und die Kriegerin kennen sich seit der Grundausbildung bei der Bundeswehr. Während Lisbeth nach der Ausbildung jedoch einen Beruf als Floristin ergreift, bleibt die Kriegerin beim Militär und verdingt sich als Zeitsoldatin. Lange Zeit verlieren sich die beiden Freundinnen aus den Augen, bis zu einem zufälligen Treffen an der Ostsee, an die Lisbeth aus einem Reflex heraus vor ihrem Leben geflohen ist. Schnell nähern sie sich wieder an und verbringen ihre freien Tage in dem kleinen Bungalow am Meer.
Helene Bukowski erzählt in ihrem neuen Roman "Die Kriegerin" die Geschichte zweier Frauen, die in der körperlichen Stärke den Schutz vor physischen wie psychischen Verwundungen suchen. Die Grundausbildung bei der Bundeswehr lässt sie sich unverwundbar fühlen - bis sich ein Mann dann doch einfach nimmt, was ihm nicht zusteht. Der Roman steckt voller Traumata und (sexualisierter) Gewalt, was ihn zu einer wirklich harten Lektüre werden lässt. Gleichzeitig gewährt er aber auch Einblicke in den Soldat*innen-Beruf, das Leben als Angestellte*r auf Kreuzfahrtschiffen sowie den Leidensdruck unter den Erkrankungen Neurodermitis und PTBS. Trotz der vielen Themenfelder wirkt das Buch nie überladen, vielmehr hat es immer wieder meine Neugier geweckt und mich auch in Lesepausen sehr oft an die Geschichte denken lassen.
Die Autorin führt ihren Roman in mehreren Zeitebenen aus, zwischen die Gegenwart mischen sich immer wieder erklärende Rückblenden, zudem baut sie einige Briefe der Kriegerin an Lisbeth in die Handlung mit ein. Diese Stilkniffe haben mir sehr gefallen, auch wenn die Protagonist*innen für meinen Geschmack etwas zu sehr auf Distanz zu den Lesenden gehalten wurden.
"Die Kriegerin" ist ein thematisch eher unkonventioneller Roman, der mich gerade deshalb sehr gefesselt hat. Insgesamt fand ich Helene Bukowskis Debütroman "Milchzähne" zwar etwas stärker, eine Empfehlung möchte ich für diesen packenden Roman aber in jedem Fall aussprechen! Ich bin gespannt, welche Geschichte die Autorin in ihrem nächsten Buch zu erzählen hat. -
Selten hat mich ein Buch dermaßen gefangen genommen, die Welt um mich herum, einfach alles vergessen lassen wie „Die Kriegerin“ von Helene Bukowski. Eindringlich und roh erzählt sie die Geschichte zweier Frauen, die sich nach Stärke sehnten, nach einem Panzer, der ihnen nichts anhaben kann und im Gegenzug von Traumata gebrochen wurden, ihr Innerstes derbe offengelegt. Und doch unterscheiden sie sich von Grund auf, prallen sie wie Wasser und Feuer aufeinander und lernen sich, Jahre nach ihrer ersten Begegnung, neu kennen. Jede Narbe, jeden Atemzug. Atemlose Träume, schlaflose Nächte, Angst. Jede Nacht, jeden Tag wird die Kriegerin von PTBS heimgesucht, verschließt sich Lisbeth gegenüber immer mehr. Und sucht die Rettung in der Distanz, ihre Rollen verkehren sich. Was bleibt, sind ihre Briefe. In der Einsamkeit der Sprache kann sie sich öffnen und ihre Geschichte erzählen. Von den Steinen, ihrer Großmutter, ihrem Standing als Frau an der Front zwischen Männern. Vom Schießen, dem Krieg und dem, was bleibt.
Flimmernd wechselt die Erzählperspektive zwischen Gegenwart und Vergangenheit, zwischen den Briefen, der fernen Stimme der Kriegerin, und Lisbeths Wirklichkeit, ihrer Geschichte: physischem und psychischem Schmerz, Einsamkeit, Flucht. Schicht um Schicht wird das Bild klarer, werden Fragen beantwortet, die sich auf den ersten Seiten aufdrängten und ein Gefühl der Unsicherheit und Beklemmung in meiner Brust erzeugten, eine labil flirrende Atmosphäre. Helene Bukowski verwandelt vermeintliche Schwächen in Stärken, gibt ihren Protagonistinnen unvorhergesehene Tiefen, macht sie nahbar trotz ihrer Suche um Distanz. Noch immer spüre ich den Sand zwischen den Zehen, das Salz im Haar. Noch immer ist mein Herz irgendwo zwischen Ostsee und dem Ort, wo die Kriegerin nun ist. Ein Jahreshighlight. -
Es geht um die Freundschaft zwischen der Floristin Lisbeth und der Soldatin Florentine, der titelgebenden Kriegerin. Es geht um Narben, Gewalt, um Flucht und Wegrennen.
Die Geschichte der beiden Frauen ist konventionell erzählt. Es gibt einen Gegenwartsteil und einige Rückblenden. Das Ganze ist sehr filmisch. Das Timing bzw. die Schnitte erzeugen eine große Spannung.
Auch wenn die Sprache zwar nicht schlecht aber wenig innovativ ist, hat mich der Roman nicht losgelassen. Es gab immer wieder Szenen, bei denen ich fast vergessen habe, dass ich ein Buch lese. Auch in den Lesepausen gingen mir Lisbeth und Florentine nicht mehr aus dem Kopf.
Keine Weltliteratur, aber eine klare Empfehlung für Anhänger guter psychologischer Geschichten über verletzte Menschen. -
Als Lisbeth in Berlin alles zu viel wird, dreht sie sich auf dem Absatz um, verlässt Mann und Kind und fährt in den Ostseeort, in dem sie als Kind mit ihren Eltern die Ferien verbrachte. Der Vermieter von damals erkennt sie sofort als „das Mädchen mit der kaputten Haut“. Offenbar hat sich gerade ein Kreis geschlossen, als Lisbeth sich in einem Neurodermitis-Schub nachts im Schlaf blutig kratzte wie als Kind. Zufällig wählt sie ihr Reiseziel nicht; denn „die Kriegerin“, die Frau, mit der sie vor 10 Jahren gemeinsam ihre Grundausbildung bei der Bundeswehr absolvierte, stammt aus dieser Gegend. „Was ist in deinem Leben geschehen, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben“, fragt die, in deren eigenem Leben Auslandseinsätze inzwischen als „friedenserhaltende Maßnahmen“ beschönigt werden, als sie sich am Strand entgegenlaufen. Wie die früh ergraute Fallschirmjägerin mit Vornamen heißt, wird Helene Bukowski erst viele Seiten später verraten. Im nächsten Schritt nimmt die junge Floristin eine Stelle auf einem Kreuzfahrtschiff an, wo sie für Blumenschmuck an Bord, Verkauf und Passagier-Bespaßung zuständig sein wird. Der sichtlich gealterte Bungalow an der Ostsee wird in der Folge zum Zufluchtsort, an dem die Frauen sich zwischen ihren Einsätzen treffen.
„Die Kriegerin“ zeigt bei den Treffen alle Anzeichen einer Posttraumatischen Belastungsstörung, was nach Bundeswehreinsätzen in sämtlichen Krisengebieten nicht verwundert. Zögernd tasten die Frauen sich heran an das, das sie verbindet und vor dem sie die Leser:innen des Romans zunächst noch schützen können. „Kriegerin“ wurde von ihrer Großmutter ermuntert, sich zu wehren, schießen zu lernen und - wie sie selbst - stets drei Steine in der Tasche zu haben, um mögliche Angreifer zu vertreiben. Von der Großmutter hat sie deren Trauma geerbt, die während des Zweiten Weltkriegs gerade an dem Tag vergewaltigt wurde, als sie ihre Steine ein einziges Mal vergessen hatte. Steine, ausgetrocknete und verwüstete Ebenen erleben beide Frauen in ihren Alpträumen, als würden sie gegenseitig ihre Träume träumen. Beide haben Gewalt erfahren und Gewalt ausgeübt. Da „die Kriegerin“/Florentine eine Therapie ihres Traumas jedoch geschickt vermeidet, wird es für beide Frauen ein weiter Weg sein, ehe sie die Kontrolle über den eigenen Körper zurückerobern können.
In auf den ersten Blick einfachen Sätzen im Präsens verbirgt Helene Bukowski zunächst mehr über ihre Figuren als sie erzählt. Stellvertretend für ihre Protagonistinnen scheint sie ungewöhnlich verschwiegen und auf der Hut zu sein, sie wirkt fürsorglich, entschlossen ihre Figuren vor neugierigen Blicken zu schützen. Dennoch gibt sie Einblick in eine Welt, in der noch vor kurzer Zeit entschieden bestritten wurde, dass eine Frau Soldat/eine Kameradin sein könne. Um zu erfahren, wo der Bungalow liegt, aus welchem Hafen Lisbeth zu ihrer ersten Reise aufbricht, wie die Frauen sich kennlernten und welches Geheimnis Lisbeth verbirgt, ist Geduld aufzubringen und sind schockierende Ereignisse zu verkraften. Die Handlung spielt auf unterschiedlichen Zeitebenen, an verschiedenen Schauplätzen, zeigt alte und neue Briefe und den Blickwinkel weiterer Personen. Es geht um Ausgrenzung, Selbstverletzung, Kriegstraumata, Epigenetik – und wenig verwunderlich, um Gewalt an Frauen. -
Lisbeth und Florentine kennen sich von ihrer Zeit bei der Bundeswehr. Gemeinsam zählten sie dort zu den eher weniger vertretenden weiblichen Soldat*innen und haben alleine dadurch schon eine enge Verbindung. Aufgrund eines Vorfalles beendet Lisbeth ihren Werdegang und widmet sich einem Leben mit Familie als Floristin. Eher zufällig laufen sich beide wieder über den Weg und verbringen Zeit an der Ostsee. Doch beide haben ihre Päckchen zu tragen. Ein Roman über starke Frauen, die beide auf ihre Art ihre Traumata besiegen wollen.
Für mich war es der erste Roman, den ich von Helene Bukowski gelesen habe. Ich kam schnell in die Handlung rein und konnte aufgrund des ruhigen, nüchternen Schreibstils auch einen guten Einblick in die Gedankenwelt der Protagonistinnen erhalten. Zwischendurch hatte ich oft das Bedürfnis, die Charaktere anzuschreien, sie mögen doch bitte endlich einfach miteinander reden und ihre Gedanken aussprechen. Dadurch entstand für mich teilweise ein hin und her zwischen den Gefühlen beider Frauen und ich als Leserin wusste nicht, was genau jetzt eigentlich der Inhalt ist - beziehungsweise wo die Reise hingeht. Das Ende hat mich sehr berührt und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass diese ruhige und dennoch geladene Geschichte eine Momentaufnahme traumatisierter Seelen ist, die sich lohnt zu lesen. Bukowskis Debut wartet nun in meinem Regal, denn den Schreibstil fand ich grandios. -
2.5 Sterne
Oh, was kann die Bukowski schön und wortgewaltig schreiben! Als ich den Titel in meiner Insta-Story zeigte, erhielt ich viele Nachrichten, in denen das Debüt der Autorin („Milchzähne“) in den höchsten Tönen gelobt wurde.
Inhaltlich muss ich “Die Kriegerin“ jedoch als eine dieser Geschichten verbuchen, zu denen ich einfach keinen Zugang gefunden habe. Abgesehen davon, dass ich hinsichtlich der im Roman behandelten Themen (Bundeswehr, Missbrauch) eine andere Gewichtung erwartet hatte, ist „Die Kriegerin“ einfach zu verkünstelt. So beinhaltet die Handlung bspw. mehrere Elemente aus der Traumwelt bzw. aus der Sphäre des Nicht-Ganz-Realen, denen aufmerksamere bzw. motivierte Leser:innen bestimmt eine Bedeutung beimessen können. Für mich waren das einfach frustrierende „Häh“-Momente, die mir in Verbindung mit den schwer zugänglichen Figuren den Spaß am Lesen genommen haben.
Ich habe diesen Roman im Rahmen einer Buddyread-Reihe mit Jeanette von @buch.klatsch gelesen. Alle 2 bis 3 Monate widmen wir uns dem heraus-fordernden Thema der sexuellen Gewalt und deren Darstellung in der Literatur. Bei unserer Recherche wurde auch dieser Roman gelistet und obwohl ein Gewaltverbrechen durchaus Teil der Handlung ist, ist die Gewichtung eine völlig andere, als der Klappentext suggerierte. Typischer Fall von enttäuschter Erwartungshaltung. -
Lisbeth arbeitet als Floristin. Eines Abends hält sie ihr Leben nicht mehr aus und verlässt ihren Partner und ihr Kind. Es zieht sie an die Ostsee, wo sie als Kind wegen ihrer Neurodermitis viele Sommer verbracht hat. Hier trifft sie unerwartet die Kriegerin wieder, mit der sie zusammen die Grundausbildung bei der Bundeswehr absolviert hat. Während Lisbeth die Bundeswehr danach verlassen hat, ist die Kriegerin als Zeitsoldatin ständig in Afghanistan im Einsatz. Die beiden Frauen haben eine tiefe Verbindung zueinander, können aber beide eigentlich keine Nähe zulassen…
Helene Bukowski schildern die Geschichte zweier Frauen, die stark und unverwundbar sein wollen, voller Wut sind und gleichzeitig nach Heilung für ihre erlebten Verletzungen suchen. Das Buch greift zudem sexuelle Gewalt bei der Bundeswehr, PTBS und welche Hilfe (keine) nicht mehr funktionierende Soldat*innen bekommen.
Wütende unnahbare Frauen, die vor Gewalt nicht zurückschrecken und trotzdem auch sensible Momente haben? Klingt nach einem Buch für mich, dachte ich. Allerdings bin ich lange nicht reingekommen. Ich weiß nicht, woran es lag. Die Charaktere blieben mir fremd und ich konnte meine Abneigung gegen Beruf des Soldats nicht überwinden. Das Ende hat mich dann doch noch gepackt und Hoffnung gemacht, dass Nähe und Heilung für die beiden Frauen möglich sein könnte. -
Bis zur Mitte solide 3.5 Sterne, zum Ende hin fast 4 Sterne. Schöner Rahmen der Geschichte, guter Endpunkt. Ich habe schon einige Bücher über Soldaten gelesen, aber keins über Soldatinnen. Meiner Meinung gut beschrieben, verständlich. Viel Frust und Unsicherheit, Trauma und Trauer. Ich mochte die Beschreibungen von der Ostsee auch sehr, jetzt habe ich Lust dort Zeit zu verbringen.
tw/cw: Kriegserfahrungen, Selbstverletzung, Trauma, PTBS, Tod, Mord, Sex, Vergewaltigung, Töten eines Hundes, (postpartum) Depression, Insomnie, Selbstmord, Leukämie (erwähnt), aggressives Verhalten, Gewalt, Alkohol, Drogen -
Ein wunderbar geschriebenes, fesselndes Buch, das ich kaum zur Seite legen konnte.
Wenig ist mir ferner als Bundeswehr und Soldat*innen-Alltag, aber die Geschichte hat es geschafft, es mir etwas näher zu bringen.
Generell löst es viel in mir aus, vom Wunsch nach Distanz und Unverwundbarkeit zu lesen, denn ich war schon immer maximal durchlässig und habe privat und professionell die Auswirkungen davon zu spüren bekommen, mich nicht genug schützen und abgrenzen zu können. Dadurch waren die Protagonistinnen recht weit von mir entfernt, aber ich habe sie bewundert und angefeuert und hoffe auch über das beenden des Buches hinaus, dass es ihnen gut gehen wird. -
Ein weiteres Buch das mich leider überhaupt nicht überzeugen konnte.
Ich fand die Erzählweise sehr wirr. Es gibt viele Zeitsprünge und teilweise wusste man nicht, aus welcher Sicht gerade erzählt wird.
Zudem fand ich es noch sehr komisch, dass die eine Protagonistin die ganze Zeit nur als "Die Kriegerin" betitelt wurde.
Leider hatte das Buch so für mich überhaupt keinen Mehrwert, denn ich dachte die wichtigen Themen werden präsenter erzählt und regen zum nachdenken an.
Dadurch, dass die Protagonisten so blass beschrieben werden, konnte man auch überhaupt keinen Zugang zu ihnen finden oder sich in sie hineinversetzen.
Das ganze wirkte auf mich sehr unterkühlt.
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- Meh… Hat mich leider emotional nicht erreicht! -
* Spoilerfreie Rezension! *
Inhalt
Zwei befreundete (Ex-)Soldatinnen kämpfen mit ihren Traumata.
Übersicht
Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: keine Kapitel, Unterteilung durch Absätze
Inhaltswarnung: Gewalt, Blut, (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen (bis Vergewaltigung), Tötung eines Tieres (Hund), Feuer, Suizid, psychische Krankheiten, Depression, Trauma, posttraumatische Belastungsstörung, Sexismus, Misogynie, selbstverletzendes Verhalten, Alkohol
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥
Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:
- ruhige und langsame Geschichten
- reduzierter, eher distanzierter Schreibstil
- Leben als Soldatin
- Trauma / posttraumatische Belastungsstörung
- psychische Krankheiten / Suizid / Selbstverletzung
- sexualisierte Gewalt (Vergewaltigung) als zentrales Thema
- Spuren von magischem Realismus (Träume)
Lieblingszitate
"Die Soldatinnen hier im Feldlager warnen sich gegenseitig vor ihm. Anzeigen tut ihn niemand." Seite 128
"Denn natürlich kann in diesen Nächten etwas passieren, kann die Nähe, die beim Tanzen entsteht, ausgenutzt, kannst du gegen deinen Willen in eine Toilette gedrängt, können in dein Getränk K.-o.-Tropfen gemischt, kannst du fotografiert, berührt, gepackt, geküsst werden, ohne dass du selbst dabei ein Mitspracherecht hast." Seite 195
"Die Dunkelheit schlug hohe Wellen, füllte Lisbeths Lungen, zerdrückte ihre Brust, schmeckte nach Asche.“ Seite 13
Meine Rezension
Nachdem mich vor einigen Jahren das düstere, tiefgründige Debüt von Helene Bukowski („Milchzähne“) so begeistert hatte, wurde ich natürlich aufgrund des Titels und Klappentexts (beides klang sehr feministisch) sofort auf ihr neues Buch aufmerksam und wollte es lesen.
Doch konnte mich auch die „Kriegerin“ wieder emotional so abholen und mitreißen? Das muss ich leider verneinen, denn die Lektüre ließ mich seltsam unbefriedigt, ernüchtert und leicht enttäuscht zurück. Müsste ich die Leseerfahrung in einem Wort zusammenfassen, wäre das wohl: Meh!
Natürlich gab es ein paar Dinge, die mir auch dieses Mal wieder gut gefallen haben, z. B. die Grundidee und die Wahl der Themen (das Leben als Soldatin, Sexismus, sexualisierte Gewalt, Trauma). Einzelne Szenen haben mir zugleich das Herz zerrissen und mich unglaublich wütend gemacht! Die Schauplätze fand ich gut gewählt und erfrischend (Kreuzfahrtschiff, Bungalow am Meer, Militäreinsätze in anderen Ländern) und ich mochte die teils kafkaeske Grundstimmung, die Spuren des magischen Realismus (große Bedeutung von Träumen) und manch interessante Wendung oder Nebenfigur.
Aus feministischer Sicht gibt es ebenfalls nicht viel auszusetzen, weil der Roman so frauenzentriert ist und Alltagssexismus in einer männerdominierten Branche und die Folgen von sexualisierter Gewalt in den Fokus rückt. Als positiv habe ich auch empfunden, dass LGBT-Aspekte eingeflochten wurden und dass der Freund der Hauptfigur als alleinerziehender Vater ganz und gar nicht toxisch ist. Ein Pünktchen Abzug gibt es für das eine oder andere Klischee. Wer gerne Bücher und ihre Symbolik analysiert, ist hier übrigens an der richtigen Adresse – die „Kriegerin“ gibt das (mit ihren rosaroten Vögen, ungewöhnlichen Träumen und großen Steinen) auf jeden Fall her!
Das klingt doch alles ganz positiv, oder? Warum dann trotzdem nur 3 Sterne? Nun, leider vermochte es das Buch nicht, mich nachhaltig zu berühren und zu fesseln. Die Thematik, von der ich aufgrund des Klappentexts dachte, sie wäre das Kernthema (sexuelle Gewalt), nimmt tatächlich nur wenig Raum in der Geschichte ein. Der Schreibstil war dafür auch zu reduziert und oberflächlich, lieferte zu wenige Details, blieb in Bezug auf die Figuren zu distanziert. Es ist sehr schwer, mit den Charakteren mitzufühlen, wenn man als Leser:in nicht an sie herangelassen wird (und diesen Eindruck hatte ich). Ich konnte zum Beispiel das egoistische Verhalten der Protagonistin sehr oft nicht nachvollziehen (warum verlässt sie einfach so ihre Familie und Tochter, ohne sich zu melden, warum tötet sie aus Rache einen unschuldigen Hund?) und hatte auch am Ende des Buches das Gefühl, sie eigentlich überhaupt nicht zu kennen. Wer an einem unschuldigen Wesen seine Rachegefühle auslässt, ist zudem bei mir sowieso „unten durch“ – EGAL wie traumatisiert die Person ist, das ist für mich keine Entschuldigung oder Ausrede!
Außerdem fehlten mir Spannung, Tempo und Handlung (man hat teilweise überhaupt keine Ahnung, worauf die Geschichte hinauswill) – ich fand sie besonders im Mittelteil zäh bis langweilig. Mit seinen 250 Seiten war der Roman trotzdem (beim immerhin dritten Versuch) ganz gut zu schaffen – ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ich nicht durchgehalten hätte, wenn er 400 Seiten gehabt hätte. Jetzt beim Schreiben der Rezension – nur knappe zwei Wochen nach Beendigung des Buches – fällt mir leider auf, dass ich schon wieder viel vergessen habe. Die Geschichte wird mir wohl nicht lange im Gedächtnis bleiben, sie hat einfach keinen bleibenden Eindruck hinterlassen…
Mein Fazit
„Die Kriegerin“ ist ein Roman, den ich mit hohen Erwartungen begonnen, jedoch leider ernüchtert und etwas enttäuscht beendet habe. Das lag hauptsächlich daran, dass mich das Buch emotional einfach nicht erreichen und auch nicht fesseln konnte. Für große Fans sehr ruhiger, reduzierter Geschichten könnte es vielleicht etwas sein, alle anderen sollten lieber zu Helene Bukowskis Debüt greifen („Milchzähne“), das fand ich nämlich echt großartig!
Bewertung
Cover / Aufmachung: 5 Sterne ♥
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Sterne
Umsetzung: 3 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 2 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 3 Sterne
Protagonistin: 2 Sterne
Figuren: 3,5 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Pacing/Tempo: 2 Sterne
Wendungen: 4 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2,5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 4 Sterne
Insgesamt:
☆★☆ Sterne
Dieses Buch bekommt von mir drei Sterne! -
2,5/5
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Nach 56 Seiten abgebrochen. Da das Buch noch nicht erschienen ist, erfolgt keine Bewertung
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Extrem erinnerungswürdiges Buch über Verletzlichkeit mit sehr starken Metaphern, die sich über das ganze Buch hinweg entwickeln. Schriftstellerisch ein absolutes Meisterwerk und noch beeindruckender dadurch, dass die Autorin so jung ist!
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Zwei Seiten Podcast empfohlen von Mona
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Was macht ein Trauma mit einem Menschen? Menschen, die für andere in den Krieg ziehen, eine ganze Nation beschützen sollen oder im Ausland Dienste leisten, Unvorstellbares sehen, womöglich dem Tod oftmals viel zu nahe kommen? Wie kann man diesen Szenen entkommen? Wie all das Erlebte an sich einfach so abprallen lassen? Wahrscheinlich gar nicht. Helene Bukowski spürt in ihrem Roman "Die Kriegerin" eben jenen Fragen nach und beschäftigt sich mit der inneren und äußerlichen Verletzlichkeit.
Ihre beiden Protagonistinnen kennen sich seit der Grundausbildung bei der Bundeswehr. Dort wollen sie lernen stark zu sein, sich verteidigen zu können, einen Panzer aufzubauen, gar unverwundbar zu sein. Doch als Lisbeth von einem Feldwebel bedrängt wird, zieht sie sich zurück, muss sich erneut ihrer Verwundbarkeit stellen, die sie seit ihrer Kindheit plagt, und gibt ihre Zukunft auf. Sie versucht sich erneut ein Leben, dieses Mal als Floristin, aufzubauen, gründet eine Familie und scheint einen Weg gefunden zu haben, angekommen zu sein. Doch eines Tages bricht sie auch aus dieser Rolle aus, flieht an die Ostsee; das heilende Meer und Rauschen, das ihr schon früher immer geholfen hat. Doch hier trifft sie nach den vielen Jahren, die bereits vergangen sind, auch auf ihre alte Freundin, die Kriegerin. Die einstigen Momente der Vertrautheit und Anziehung sind zunächst noch da, aber auch sie weichen langsam. Aggressivität, Reizbarkeit, Wut und Angst machen sich breit und ihre Körper werden zur Angriffsfläche. "Mein Körper ist wund vom Hass [...] Ich habe das Gefühl, dass mir das Licht abhandengekommen ist." - Auch die Kriegerin lassen ihre Erlebnisse vom Krieg in Afghanistan kaum noch los. Auch sie wird verfolgt. Auch sie befindet sich auf der Flucht und erneut auf der Suche nach Schutz. Doch wohin, wenn man den Geschehnissen der Vergangenheit nicht mehr ausweichen kann? Wohin, wenn sich plötzlich alles wie eine große, pulsierende Wunde im Körper anfühlt, die nach und nach Besitz von dir ergreift?
"Wer wird verstehen, was ich hier erlebe, was es mit mir macht, wer ich dadurch wurde? Das meiste, was bei einem solchen Einsatz passiert, wird in Deutschland ausgeblendet. Nur die richtig schlimmen Sachen schaffen es in die Nachrichten, wie die Gefechte, bei denen Soldaten fallen oder wenn mehr als fünf Zivilisten unter den Opfern waren. [...] Ich dachte, ich komme stark aus diesem Einsatz zurück [...], aber stattdessen merke ich, wie ich immer brüchiger werde, wie ich kurz davor bin, die Hand zurückzuziehen. Wie lange schaffe ich es nicht, mich zusammenzuhalten?"
Dieser Roman ist gespickt mit vielen Fragen und Kontrasten. Eine Floristin. Eine Soldatin, die Kriegerin. Das aufbrausende Meer und die endlose Freiheit. Ein Aufenthalt auf einem Kreuzfahrtschiff. Genaustens geplante Tage und Abläufe, unerwartete Pausen. Blumen, die gleichzeitig Freude und irgendwie auch Tod bedeuten Aufreißende Haut, schützende Panzer. Stärke und Schwäche. Das alles wirkt so ein bisschen wie ein Moodboard mit zahlreichen Schlagworten und verschiedensten Bildern und doch gelingt es Bukowski fast schon mühelos diese zu einer Geschichte zu verweben, die tief in das menschliche Sein blicken lässt. Ihre beiden Protagonistinnen wählten einmal den gleichen Werdegang und doch entwickelten sie sich, aufgrund verschiedenster Erlebnisse und Übergriffigkeiten in komplett andere Richtungen. Lisbeth, die schon jeher Probleme mit ihrem eigenen 'Schutzpanzer' hat, wirkt ständig von der Unruhe und Fluchtgedanken getrieben - nach Sicherheit suchend. Ihre Freundin, etwas zäher und selbstsicherer, sorgt an der Front für eben jenen Schutz und doch bekommt auch ihre Welt und Standfestigkeit langsam Risse bis sie die Bilder nicht mehr so einfach abschütteln kann und auch sie Halt sucht.
Für mich ist es ein ganz besonderes Bild, das dieser Roman in Verbindung mit dem Krieg und Militär aufzeigt. Wie geht man mit den Folgeerscheinungen um? Was macht das Erlebte mit einem Menschen? Das sind so Fragen, die oftmals einfach viel zu kurz kommen, viel zu wenig im öffentlichen Diskurs stattfinden und vielleicht auch gar nicht ins Bewusstsein der unbeteiligten Bevölkerung dringen (sollen). Die Armee ist in der Wahrnehmung meistens nur so eine Masse, ohne, dass das Individuum noch Beachtung findet. Und wenn man dann noch zwischen Mann und Frau, Rangkämpfen und Ego unterscheiden soll, wird es nochmal etwas schwieriger. Beim Lesen merkt man daher auch, zumindest ging es mir so, wie wenig man eigentlich davon weiß, was so ein Auslandeinsatz eigentlich bedeutet und welche Folgen er für Soldatinnen und Soldaten hat. Bukowski widmet sich hier bewusst dem Schicksal zweier Frauen, eher ruhig und unaufgeregt und dennoch teilweise sehr eindringlich und intensiv. Mit einer Präzision, die wie beim Aufbrechen eine Blüte, sich langsam und mit jedem weiteren Blatt, Schicht für Schicht dem Innersten nähert und damit einen Blick auf den Schmerz, Wunden und das zu Verdrängende freigibt, nähert sie sich dem Körper und der Psyche ihrer Protagonistinnen. So ist es dann auch ein besonderes Buch über Traumata, psychisch und physische Belastungen, sowie Gewalt und der steten Suchen nach Stärke und Sicherheit. Aber, und das mag ich sehr gern daran, Bukowksi erklärt nicht, lässt keine genauen Analysen zu und bewertet auch das Geschehene nicht. Sie schrammt quasi den Ursprung und lässt ihre Protagonistinnen ihren Weg finden und den Leser*innen den nötigen Freiraum damit umzugehen. Allerdings muss ich auch sagen, dass dieser Roman für mich auch so ein paar Schwächen hatte. Das große "Ohh" hat mir gefehlt und das Ende hat mich nicht ganz so glücklich gestimmt, aber vielleicht ist es auch gerade gut, denn eine übertriebene Szene oder ein spannungsgetriebener Plot könnte alles sofort ins Fragwürdige stürzen und das könnte den Betroffenen einfach nie gerecht werden. -
„Die Kriegerin“ ist der zweite Roman der Autorin Helene Bukowski. Er ist im Verlag Blumenbar erschienen, umfasst 249 Seiten und ist in drei Teile (Salzwasser, Schweiß und Tränen) unterteilt.
In dem Roman begleiten wir Lisbeth, die durch ihren Vater eine Ausbildung zur Floristin gemacht hat und ursprünglich dessen Blumenladen übernehmen wollte. Sie leidet unter schwerer Neurodermitis. Nach dem Tod des Vaters gibt sie ihren Job auf und macht die Grundausbildung bei der Bundeswehr, wo sie Florentine kennenlernt. Beide Frauen kämpfen sich durch die harte, rauhe Ausbildung, lassen sich keine Schwächen anmerken und werden so zu Kameradinnen und Vertraute. Während Lisbeth nach einem Vorfall die Bundeswehr verlässt, tritt Florentine, „die Kriegerin“, als Zeitsoldatin der Bundeswehr bei und nimmt an zahlreichen Auslandseinsätzen teilen. Nach Jahren treffen sich die beiden zufällig wieder und lassen nach und nach die andere an ihren Verletzungen und Traumata teilhaben.
In dem Buch geht es viel um Träume, Flashbacks und Halluzinationen. Oft weiß man nicht, passiert das gerade wirklich, oder bildet sich die Protagonistin dies nur ein. Im Mittelpunkt steht die schwierige Freundschaft zwischen Lisbeth und der Kriegerin, die sich nicht immer unbedingt gut tun und doch oft die einzige Person zu sein scheinen, die die jeweils andere versteht.
Nach der Leseprobe hatte ich ehrlich gesagt etwas völlig anderes erwartet. Ich dachte es würde vornehmlich um die Beziehung zwischen Lisbeth und ihrem Freund gehen und das dieses Paar versuchen muss mit ihrem Traumata klar zu kommen und sich entweder wiederfinden oder aber verlieren wird. Tatsächlich spielt die Beziehungsebene auch eine Rolle in dem Buch, jedoch nimmt sie nur einen Nebenstrang ein.
Insgesamt konnte mich das Buch nicht so richtig packen. Ich fand es stellenweise zu langatmig, es passierte zu wenig. Die Träume und Vergleiche ließen mich ebenfalls häufig ratlos zurück. Ich habe auch nicht verstanden, was Lisbeth eigentlich immer wieder von der Kriegerin wollte und warum sie deren Nähe gesucht hat. Gleichzeitig waren mir viele ihrer anderen Gedanken, Handlungen und Empfindungen wieder sehr nah und nachvollziehbar. Besonders die Stellen mit ihr, Malik und Eden habe ich gerne gelesen. Das Ende war dann für mich größtenteils leider nur absurd und überzogen und hat mich unbefriedigt zurückgelassen. Ich mochte allerdings den Schreibstil und muss sagen, dass es Helene Bukowski schon gelungen ist, einem die Grundausbildungszeit bei der Bundeswehr aus Frauensicht nahe zu bringen und authentisch die Kriegstraumata etc. darzustellen. Ich hätte mir zudem eine Triggerwarnung vorab gewünscht. -
Zu Beginn hatte ich Schwierigkeiten mit dem etwas abgehakten Schreibstil, der jedoch bald mit der inneren Zerrissenheit der Heldinnen kongruierte. Im Nachhinein kann ich kaum sagen, was genau mich derart in den Bann zog. Es handelt sich um eine düstere Handlung voller traumatisierter Charaktere. Es geht um Einsamkeit, um die Schwierigkeit zerrütteter Frauen, Frieden allein durch das System Partnerschaft, Kinder und Job zu finden. Ihre Verletzlichkeit trägt sich über die Seiten, wird gleichzeitig unverschönt und gefühlvoll wiedergegeben. Lisbeth leidet von klein auf unter Neurodermitis, ihre Unmöglichkeit, einen Platz in der Welt zu finden, lässt sie sich buchstäblich die Haut von den Knochen kratzen, als versuche sie dem von ihr selbst, aber auch ihrem Umfeld auferlegten Käfig zu entkommen. Obwohl sie ein Trauma erlebte in der Zeit als Soldatin, besteht ihre innere Zerrissenheit bereits einige Zeit länger. Auch die Kriegerin (die ich zu Beginn für eine fiktive, von Lisbeth imaginierte, personifizierte Metapher hielt) leidet unter den Traumata ihrer Einsätze und PTBS. Obwohl ihre Leben verschiedener nicht sein könnten, sind sie doch wahnsinnig ähnlich (selbst Lisbeths Ex-Mann Malik verbindet sie letztlich). Die Frauen repräsentieren füreinander einen Ort der Zuflucht und Kontinuität, halten in den finstersten Augenblicken ihres Lebens zusammen, stützen sich. Obgleich es keine actiongeladene Handlung gibt, hält sich der Spannungsbogen doch bis zur letzten Seite. Triggerthemen werden im gesellschaftlichen Kontext eingebettet, es wird kein künstliches Happy End oder unrealistische spontane Heilung etabliert. Verhaltens- und Denkweisen werden von der Autorin vollkommen wertfrei transportiert. Tatsächlich habe ich beim Ende auf ein Aha-Erlebnis gewartet, dass letztlich dadurch eintrat, dass es nicht eintrat.
Es handelt sich um kein fröhliches, leichtes Buch für unterwegs, das muss ganz klar gesagt werden, sondern gibt Einblick in das Innenleben zweier vollkommen zerrissener junger Frauen, die sich einen Platz in der Welt zu erkämpfen versuchen, und diesen letztlich in der jeweils anderen finden.
Ein großes literarisches Werk. -
"Die Kriegerin" hat etwas, dem ich mich beim Lesen kaum mehr entziehen konnte (und das, offen gesagt, auch gar nicht wollte). Vielleicht sind es die Verletztheit und das langsame, vorsichtige Sich-Öffnen der beiden Protagonistinnen, vielleicht die Schönheit der klaren Sprache, vielleicht das Gefühl, dass das alte Leben eigentlich doch nur ein Provisorium ist, ein Übergang, in dem man irgendwie steckengeblieben ist und sich jetzt fragt, warum eigentlich, und ob es da nicht noch mehr gibt, ob es da nicht noch Dinge zu entdecken gibt in den Weiten der Welt, am Ende vielleicht sogar sich selbst tief verborgen unter der alles erstickenden Decke der Vergangenheit, die erst Schicht um Schicht abgetragen werden muss wie die Kruste längst verschorfter Wunden, bevor darunter etwas Neues zum Vorschein kommen kann.
Als Lisbeth klar wird, dass sie die erdrückende Last der Mutterschaft und ihrer Neurodermitis nicht länger ertragen kann, flüchtet sie überstürzt an die Ostsee, den einzigen Ort, der ihr in ihrer Kindheit Linderung verschaffen konnte. Dort begegnet sie der Kriegerin, die sie vor Jahren während der Grundausbildung bei der Bundeswehr kennengelernt hat. Auch die Kriegerin ist auf der Flucht, doch wovor, das bleibt lange im Verborgenen. Klar ist, dass beide Frauen tief traumatisiert sind und schon vor langem einen Schutzpanzer umgelegt haben, und dass dieser inwischen so sehr Teil ihrer selbst geworden ist, dass er kaum mehr durchdrungen, geschweige denn abgestreift werden kann. Und obwohl dieser Panzer ihr Inneres vor der Außenwelt verbirgt, kann er die Frauen selbst nicht dauerhaft vor dem Einsturz des fragilen Konstrukts schützen, zu dem ihr Leben geworden ist. -
"Die Kriegerin" ein wahnsinnig gutes Buch über zwei Frauen und ihren Kampf mit der Welt und mit sich selbst. Ich mag wie wütend Lisbeth und die Kriegerin sind, wie ihre Beziehung zu Gewalt und zueinander beschrieben wird. Kurzum ich liebe dieses Buch!
Lisbeth arbeitet als Floristin und bricht eines Tages aus ihrem Alltag aus und flüchtet ans Meer. Dort trifft sie die Kriegerin wieder, die sie noch aus ihrer Zeit bei der Bundeswehr kennt. Die Beziehung der beiden Frauen ist einfach wunderschön geschrieben. Ich liebe, dass es hier um Frauen geht, in deren Welt Gewalt eine Rolle spielt und die irgendwie damit umgehen müssen. Ich liebe, dass es beschrieben wird, dass es weh tut beim Lesen, dass es so schön ist beim Lesen und dass es die beiden Frauen von einer Seite zeigt, die normalerweise für Frauen in der Literatur nicht vorgesehen ist, nämlich eine Welt in der Frauen wütend sind und auch Frauen Gewalt ausüben.
Ich mochte, dass die Frauen gleichzeitig sensibel und grausam sind, dass sie damit kämpfen geliebt zu werden und zu lieben, dass es ihnen so schwer fällt sich zu öffnen. Ich mochte, dass es gleichzeitig anonym und wahnsinnig intim ist, dass kollektive Erfahrungen und individuelle Auswirkungen beschrieben werden, dass das Buch so spannend und voller Momente ist, die einen noch lange beschäftigen. Ich liebe dieses Buch! -
Die Geschichte um Lisbeth und "die Kriegerin" zieht einen, auch ohne große Handlung oder Action, direkt in den Bann. Von der ersten Seite an, war ich gefesselt von der Sprache und diesen beiden spannenden Charakteren. Man bekommt einen tiefen Einblick in die Charaktere der beiden im Fokus stehenden Frauen. Dabei werden deren Kindheit, familiäre Verhältnisse aber vor allem die Erfahrung als Soldatinnen, damit verbundene Traumata und das besondere Verhältnis der beiden zueinander dargestellt. Ich habe erst wenig über Soldatinnen gelesen, daher fand ich besonders diese Einsicht sehr spannend, wenn auch manchmal tatsächlich recht befremdlich.
Damit wäre ich auch schon bei meiem Kritikpuntk für das Buch. Ich konnte zu den Charakteren absolut keine Bindung oder Sympathien aufbauen. Sie blieben mir den ganzen Roman über sehr fremd. Auch das Ende gefiel mir gar nicht und ich hätte es mir abgeschlossener gewünscht.
Wer eine Character-driven Geschichte à la Juli Zeh sucht ist bei diesem Buch dennoch genau richtig und sollte es sich nicht entgehen lassen. -
Die zwei Protagonistinnen Lisbeth und die Kriegerin verbindet eine besondere Beziehung und eine schwere Vergangenheit. Um ihren Platz im Leben zu finden, müssen sich beide ihren Traumata stellen.
Inhaltlich gesehen muss ich leider sagen, dass ich das Buch nicht wirklich verstanden habe. Vieles wird nur angedeutet, sei es übersinnlich, geheimnisvoll, bruchstückhaft- dann an anderer Stelle nur teilweise aufgelöst. Erkenntnisse stehen oft zwischen den Zeilen und manches soll wohl einfach offen bleiben. Beispielsweise hat es sich mir bis zum Ende nicht erschlossen, was es mit den Träumen von Lisbeth auf sich hat. Beide Frauen sind traumatisiert, ihre Handlungen oft irrational, das hat es mir auch schwer gemacht, ein Bild von ihnen zu bekommen. Eine Triggerwarnung bzgl. Krieg und PTBS könnte man auf jeden Fall voranstellen. Auch die verschiedenen Zeitebenen und damit der Aufbau der Erzählung waren für mich verwirrend und haben an mancher Stelle keinen Sinn ergeben.
Der Schreibstil ist intensiv und roh, kommt den Personen an mancher Stelle ganz nah und lässt dann wieder Spielraum für Interpretation. Die Autorin schaffte es, eine bedrückende Stimmung zu erzeugen, was zur eindringlichen Schilderung der Erzählung passte. Sehr gut gelungen ist meines Erachtens die Gestaltung des Covers, die changierenden Farben sind etwas Besonderes und lassen das Hardcover hochwertig wirken.
Da das Buch mich hinsichtlich der Handlung verwirrt zurückgelassen hat, fällt mir eine Bewertung schwer, ich würde es jedoch nicht weiterempfehlen. -
helene bukowski hat es wieder geschafft: "die kriegerin" ist ein besonderes buch, genauso wie "milchzähne" ist es in diesem ziemlich einzigartigen bukowski-stil geschrieben, der viel davon lebt, dinge nicht auszuerzählen und auch oft nicht zu erklären, was wirklich passiert, was passiert ist und was die beweggründe für die handlungen anderer figuren sind, in deren kopf wir nicht zeitweise reinschauen können.
die hauptfigur lisbeth ist eine sehr starke figur, gleichzeitig ist sie unendlich verletzt und verletzlich, was viel erzählt über unsere gegenwart, und auch weit über das bild der kauptten haut, die als barriere zwischen uns und unserer umwelt fungiert, hinausgeht.
diese geschichte hat wie "milchzähne" lange in mir nachgehallt, die dunkle, verzweifelte, wütende junge frau, die man leider nur so kurz begleiten darf, weckt viel auf, strebt immer wieder in die eigenen gedanken.