Deine kalten Hände by Han Kang


Deine kalten Hände
Title : Deine kalten Hände
Author :
Rating :
ISBN : -
Language : German
Format Type : Kindle Edition
Number of Pages : 300
Publication : First published January 18, 2002

Ein großer Roman über die Einsamkeit der menschlichen Existenz.

Eines Tages verschwindet der Bildhauer Jang Unhyong beinahe spurlos. Er hinterlässt seine faszinierenden Gipsabdrücke von Händen und Körpern – und ein bewegendes Tagebuch, das seine lebenslange Suche nach Nähe und Wahrhaftigkeit in aller Welt voller Masken schildert.


Deine kalten Hände Reviews


  • Meike

    First published in its original Korean in 2002, "Your Cold Hands" has now for the first time been translated (into German by Kyong-Hae Flügel, but hey, there's hope for you English speakers out there!). While the story negotiates well-known themes like the nature of beauty and the dynamics between appearance and hidden truths, what makes this such an intriguing read is the voice of the narrator, a sculptor named Jang Unhyong: He is not interested in common ideas of beauty and perfection, and as he learnt in his childhood to fulfill expectations and hide his true feelings, the masks people put on are his true artistic obsession. Using plaster, he makes lifecastings of body parts and whole bodies, explaining "I wanted to strip people of their vulnerable shell to see their inside" ("Ich wollte den Menschen ihre verletzliche Hülle abziehen, um ihr Inneres zu sehen"). Jang Unhyong himself is haunted by a terrible feeling that inside himself, there might be plain emptiness.

    The book is held together by a frame in which a writer named H. (hinting at, but not necessarily the author) gets hold of the sculptor's notebooks - the contents of which constitute the main storyline - and in the end tries to find out what happened after Jang Unhyong suddenly disappeared. Two women turn out to be the main clues, and they are mirroring and contrasting each other in their life stories and physically as models for the lifecastings: There is an obese woman with a terrible secret who desperately tries to put on another mask, that of the conventionally beautiful and skinny woman; and then there's an interior architect who exudes an air of cleanliness and purity, creating order to cover up irregularity. Jang Unhyong's plaster shatters easily, but he is torn: He wants to know what's beneath the masks, but also fears the repercussions that the truth might evoke (watch out for the instances when he mentions that he feels nauseous!).

    This is an early work of Han Kang, and I felt like it showed a little as you can partly see the mechanics in the underbelly of this novel, and sometimes there are even some lengths - but it also becomes apparent how talented and fearless she is, daring to come up with an edgy narrator and characters who are hard to identify with, nonchalantly combining poetic passages with brutal descriptions while always staying true to the narrator's sober voice, and heartlessly confronting us with a stunning, brilliant ending.

    "Life is a shell arching over an abyss, and we live on it like masked acrobats" ("Das Leben ist eine Hülle, die sich über einen Abgrund wölbt, und wir leben darauf wie maskierte Akrobaten") - the topic of this book is anything but new, but what Han Kang makes of it is unusual and fascinating. I'm glad she has written so many more books that hopefully will be translated in the future.

  • Berengaria

    3 stars and some goodwill

    The illusion of perfection. And the rejection of non-perfection in women by men and by society at large who say "be perfect, but naturally. Never fake it or we will despise you forever."

    And yet, who is perfect? Who doesn't try to artificially enhance themselves, even if only a little bit, to look more perfect in the eyes of others? And who isn't scorned and laughed at when the deception is discovered?

    That's the theme of this odd and unsettling early novel by Korean star author Han Kang.

    A male sculptor driven by the urge to demask the illusion of perfection falls in love with two different women.

    First, L., a sensitive, obese young woman who becomes bulimic to gain the attention of men, and then E., a beautiful but psychotic interior designer who carries with her the trauma of .

    This novel does two sharp turns that are puzzling. The story is bookended by an author reading the sculptor's manuscript (unnecessary) and then the break between the L. and E. storylines, which are very different from each other.

    If Han Kang had only shown us L., this would have been a 5 star read for me and I'd have been just as delighted with it as with "The Vegetarian." But with the addition of E., I felt she let the power of the narrative slip out of her hands and the story became imbalanced, awkward and somewhat cliched.

    Perhaps E.'s mental problems just didn't interest or touch me nearly as much as L.'s (hurrah for the man who can love a "big woman"!).

    Disturbing, strange, almost plotless...and yet an enthralling read. Too bad I just couldn't get behind all of it.

  • Anna Carina S.

    Schon mal 3 Parallelen zur „Vegetarierin“: Essen, Kunst und ein Ende das sich anfühlt als hätte die Autorin mitten in der Geschichte den Stecker gezogen.
    In Anbetracht der Tatsache, dass der Schönheitswahn in Südkorea extrem ausgeprägt ist ( es ist üblich mit 18 von Mama ne kleine Schönheits OP geschenkt zu bekommen), hat das verhandelte Thema eine hohe Dringlichkeit.
    Bis zur Hälfte hat mir das Buch gut gefallen. Mir ging es irgendwann nicht mehr weiter. Die Geschichte bewegte sich im Kreis. Zu breit gezogen und durch E. keine neue Ebene, sondern nur eine andere Form der Maske, die mich überhaupt nicht mehr interessiert hat.
    Am eindrücklichsten waren die Geschehnisse aus der Kindheit des späteren Gips-Künstlers beschrieben. Diese hatten Tiefe und es wurden viele Gesellschaftliche Mechanismen durch Mimik, Handlungen-Konsequenzen und Beobachtungen gezeigt, die unter der eigentlichen Handlungsebene lagen.
    So gut die Umstände der essgestörten L.beschrieben werden, bleiben diese deutlich mehr an der Oberfläche.

    Ein gutes Buch, das aber längst nicht so ausgereift ist wie „die Vegetarierin“ und mich in der Zweiten Hälfte etwas verloren hat.

  • Elena

    Eines Tages verschwindet der Künstler Jang Unhyong spurlos - zurück bleiben nur seine angefertigten Gipsabdrücke und ein dicht beschriebenes Buch, in dem er sein Leben bis zu seinem Verschwinden aufgezeichnet hat. Das Buch offenbart sowohl sein künstlerisches Schaffen, als auch seine innere Einsamkeit. Kann seine Schwester den Bildhauer mithilfe seiner Memoiren und einer Schriftstellerin finden?

    "Deine kalten Hände" von Han Kang, aus dem Koreanischen übersetzt von Kyong-Hae Flügel, hat wohl das schönste Buchcover, das ich kenne - und nach dem Lesen kann ich sagen, dass es auch wirklich wunderbar zum Inhalt des Romans passt! Han Kang schreibt von Masken, die der Künstler Jang Unhyong seinen Mitmenschen gerne vom Gesicht reißen würde, von Händen, die er immer als Erstes bei einem Menschen betrachtet, von Hohlräumen und Leerstellen, die er mit seiner Kunst hervorheben und teils ausfüllen möchte. Dabei ist die Geschichte höchst befremdlich, die Autorin schreibt nüchtern vom Eingipsen teils ganzer Frauenkörper - eine sehr schmerzhafte und entwürdigende Prozedur -, von Essstörungen, Kunst und vor allem: Einsamkeit. Der Protagonist teilt mit seinen Modellen nämlich vor allem sein Dasein als Außenseiter, als "Außerirdischem", wie er sich selbst nennt.

    "Deine kalten Hände" hat mich letztlich nicht wirklich überzeugt - zu unnahbar war Jang Unhyong als Figur für mich, zu seltsam die Entwicklung der Geschichte. Nichts desto trotz habe ich das Buch mit Faszination sowie Interesse gelesen und war vor allem vom Zweiten von drei Teilen sehr erschüttert. Eine wirkliche Leseempfehlung kann ich nicht aussprechen, sicherlich ist "Deine kalten Hände" aber ein Roman, den ich so schnell nicht vergessen werde.

  • Jenny Eulenmatz

    Nicht so verrückt wie Die Vegetarierin, aber ganz unverkannbar beklemmend wie man es von Han Kang kennt.

  • Jacky

    Ich kann gar nicht genau beschreiben, was mich an diesem Buch so gefesselt hat. Es gab keinen Spannungsbogen, aber irgendwie... Es war wirklich bizarr und abstoßend, aber so schön. Ein richtiges Kunstwerk!

  • Gordon Ambos

    Manche Stellen fand ich interessant, andere ziemlich merkwürdig und stellenweise krank. Alles in allem war es unglaublich atmosphärisch und hat mir ziemlich gut gefallen.

  • Patricia Krüger | miss.amanogawa

    ***TRIGGERWARNUNG Der Roman explizite Darstellungen von Esssucht und Bulimie!***

    In Hang Kangs Roman begegnen wir Menschen, die sich alle nach einer Sache sehnen: Zuneigun, menschlicher Nähe.
    Sie alle lernten bereits in ihrer Kindheit, eine Rolle zu spielen. Angefangen beim Künstler Jang Unhyong, dessen Manuskript wir durch die Augen einer Schrifstellerin lesen. Seine Schwester rief sie an, bat sie, das Manuskript zu lesen. Sie verstehe ihren Bruder nicht, wollte herausfinden, ob das Manuskript Hinweise zu seinem Verbleiben enthält.

    Unhyong wächst in einer kalten, von falscher Wahrheit geprägten Familie auf. Schnell wird klar, dass er gezwungen war, früh erwachsen zu werden. Dinge wie maskenhaftes Lächeln der Mutter, falsche gegenseitige Liebesgeständnisse der Eltern und die für den Künstler blutige, verstörende Geburt der jüngeren Schwester verdrehen seinen Verstand, seine Sicht auf die Welt. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick aussieht. Jeder trägt eine Maske.

    So lernen wir in seiner Künstlerlaufbahn Frauen kennen, die durch männliche Gewalt in eine verzerrte Form ihrer selbst gedrängt wurden. Es gibt keinen Zwischenzustand. Eine Extreme führt zur nächsten.
    Da wäre das übertrieben fette Mädchen, welches ein Jahr später durch ihre Bulimie gezeichnet ist.
    Oder die Innenarchitektin, welche als Kind wegen ihres sechsten Fingers kein normales Leben führen konnte.
    Unhyong faszinieren diese Frauen. Sie verbergen etwas, geben sich perfekt, sind es tief in ihrem Inneren aber nicht. Fast schon besessen von ihnen und ihrem Geheimnis, besessen davon, hinter die Maske zu blicken, lässt er sich auf beide ein.

    Hier wird provokativ und schonungslos ehrlich von den Schattenseiten des vermeintlich perfekten Lebens geschrieben. Wie die kaputte Kindheit einen kaputten Menschen hervorbringt und zwischenmenschliche Beziehungen verkompliziert, fast schon unmöglich macht. Egal, wie robust die eigens konstruierte Maske ist, irgendwann zerbricht sie und zeigt die verletzte Seele darunter. Unhyong begleitet diese Frauen, versucht eine Beziehung einzugehen. Dabei kann er seine eigene Vergangenheit nicht vergessen und scheitert letztendlich immer wieder. Seine Kunst wird zum Ausdruck seines sehnlichen Wunschs nach Nähe und Liebe.
    Die Sprache ist gewaltig, atmosphärisch, direkt. Dennoch gefiel mir die Beschreibung des fetten Monsters mit den wogenden, schwabbeligen Fettwülsten überhaupt nicht. Auch wenn der Künstler sich in diesen unperfekten Körper mit den grazilen Händen verliebt, die Beschreibungen gehen unter die Gürtellinie. Ob hier nun Kritik am Frauenbild in Korea, dem Schönheitsideal oder der Gewalt durch Männer besteht, die Szenen der essgestörten L. sind für einen vorgeschädigten Leser nicht geeignet. Ich hätte mir für dieses Buch eine Triggerwarnung gewünscht.

  • Inga

    "Was wenn die Wahrheit nur meine Wahrheit wäre, die außer mir keinen anderen zufriedenstellt? Angenommen, ich würde heute Abend sterben, dann würde die Wahrheit spurlos verschwinden."

    Die Geschichte eines Künstlers auf der Suche nach den geheimen/versteckten Wahrheiten von Menschen (zufälligerweise meist Frauen) umrahmt von der Story einer mehr oder weniger kranken Schriftstellerin mehr oder weniger auf der Suche nach dem Künstler. Es ist kompliziert. Dazu noch eine Prise Essstörung, Oberflächlichkeit und verstörende Beschreibungen und man hat dieses Buch. Klar ist es spannend diese Perspektive zu sehen und Geschichten zu lesen, die man so noch nie gehört hat aber ich glaube auf das Buch hätte ich auch verzichten können. Nicht falsch verstehen, es ist interessant, gut zu lesen und hat ein faszinierendes Cover, aber das Leseerlebnis war alles in allem nicht positiv für mich. Jedoch gehe ich davon aus, dass ich in Zukunft möglicherweise öfter an diese Geschichte denken werde, ich bin mir nur unsicher welchen Mehrwert es haben wird.

    "Seit Langem schon verwechselte sie Wärme mit Liebe. Daran hatte sich nichts geändert."

  • Lea

    Ich liebe Han Kang. Dieses Buch vereint alles was ich an ihren anderen Büchern schon geliebt habe. Dieses melancholische Gefühl, das vermittelt wird, die Beschreibungen von Kunst, der leicht distanzierte Blick und die absolut kaputten Charaktere. Diese Geschichte war brutal und teilweise wirklich hart zu lesen aber gleichzeitig hat diese Brutalität die Charaktere von der Seite springen lassen.
    Das Hauptthema Schönheitsideale wurde super einzigartig und einprägsam behandelt. Obwohl es einer von Kangs frühen Werken ist, steht es meiner Meinung nach zum Beispiel der Vegetarierin in nichts nach.

  • Michael Bohli

    Obwohl im Original bereits 2002 veröffentlicht, durfte "Deine kalten Hände" von Han Kang erst kürzlich in die deutsche Sprache übersetzt werden. Den Genuss schmälert dies keinesfalls, ist der Roman ein fesselndes Buch über Menschlichkeit, Abgründe und Kunst. Wie von der koreanischen Autorin gewohnt, liesst sich die Geschichte mit einer leicht fantastischen Grundstimmung, die Figuren wirken andersartig und trotzdem sehr empathisch.

    Denn anhand des Bildhauers Jang Unhyong erzählt Han Kang eine fesselnde Betrachtung über die menschliche Existenz, welche sich auf diverse Arten mit Körper und Hüllen beschäftigt. Psychologische Überlegungen kommen ebenso zu tragen wie physiologische Konflikte und Ängste. Mit einer geschickten Gliederung und der tollen Sprache ist der Autorin hier ein Buch gelungen, das tief unter die Haut geht und lange im Gedächtnis bleibt.

  • Hà Linh

    3.5

    non nửa đầu thấy thực sự hoàn hảo (?) nhưng càng về cuối càng kịch và cringeworthy, không đến mức quá lố nhưng tui kỳ vọng nhiều hơn ở một tác giả như này ok? 🙄
    cảm giác giống đọc Memory Police của Yoko Ogawa năm ngoái, hơi bực

  • saïd

    『그대의 차가운 손』은 내가 가장 좋아하는 한국 작가, 놀라운 한강의 소설이다. 첫째, 소설은 2002년에 출판되었습니다, 그리고 2019년 독일어로 번역되었습니다. 불행히도 나는 독일어를 전혀 할 줄 모릅니다, 아주 조금만, 사실! 그래서 이 소설이 곧 프랑스어나 영어로 번역되기를 바랍니다. 나는 그 소설을 한국어로 읽었지만 대부분 이해하지 못한 것 같다. 글이 매우 아름답습니다, 복잡한 감정을 많이 느끼게 했다... 앞으로도 이런 멋진 소설을 많이 읽을 수 있도록 한국어를 공부할 거예요.

  • Elif Mazarweh

    Wieder ein typischer Han Kang. Verstörend, leise und wuchtig. Leider hat es nicht die Stärke wie die Vegetarierin, dennoch hoffe ich das mehr von dieser Autorin übersetzt werden.

  • Wiebke (1book1review)

    I really enjoyed this book and am sad I didn't have the mindframe to really dive into its ideas and themes more. It really focuses on characters and how people wear masks to hide their true feelings. This is later extended to a full body shell.


    Content warning for child abuse and eating disorder.

  • Hannah

    *4,5

  • zhilu

    Head empty. No thoughts. Just Five Stars.



    TW: ED (Bulimia)

  • Lucia

    I kinda preferred the author as a narrator so I kept hoping it would switch back to her, but it was still really good

  • Edgar

    Ein wunderbarer Künstlerroman, den ich ohne zu zögern auf das Regal meiner Lieblingsbücher stellte.

    Hülle, Schale, Haut bzw. Häutung, Maske sind korrespondierende Begriffe, die zum Verständnis dessen führen, worum es dem Bildhauer Tang Unhyon (und Han Kang als Schriftstellerin) geht - er will in das Innere blicken, herausfinden, was hinter der Fassade vor sich geht. Bildhauer ist dabei ein irreführender Begriff, der dem Deutschen geschuldet ist. Tang schafft Skulpturen mittels Gipsabdruck vom lebenden Objekt, die er später mit Gips oder anderen Materialien ausgießt und farblich, strukturell oder oberflächlich nachbearbeitet. Seltener modelliert er auch mit Ton.

    Hände sind dabei ein Hauptbestandteil seines Werkes, Körperhüllen ein anderer. Die Hand als Spiegelbild der Seele, als zweites Gesicht, erlaubt einen besseren Blick in das Innere als das Gesicht, bei dem wir gewöhnt sind, uns eine Maske aufzusetzen, um das Innere zu verbergen. Die Anzahl der Finger ist dabei eine Normalität, von der eine Abweichung für Aufsehen und Zurückweisung führt. Ein Unfall, bei dem Finger verloren gehen, ein genetischer Fehler, der zu einem überschüssigen Finger führt. Kalte und warme Hände, lebhafte und leblose Hände, schöne und hässliche Hände sind wiederkehrende Motive.

    Die Personen in diesem Roman sind alle nicht ganz "normal", entsprechen auf die eine oder andere Weise nicht der Norm. Der Onkel, der ein Tunichtgut ist; die Mutter, die ihre Kinder nicht liebt; der Vater, der seine Frau nicht liebt; das Mädchen, das von ihrem Stiefvater missbraucht wird und sich fortan einen Panzer anfrisst, als adipöses Monster unter den Reaktionen der Umwelt leidet; die Schönheit, die sich mit der Aura des Erfolgs umgibt, dabei aber genauso verletzlich ist wie das Monster.

    Eingepasst in die Rahmenhandlung aus Prolog und Epilog, in der Han von der Schwester eines vermissten Bildhauers ein Manuskript bekommt, in der Hoffnung, dass sie darin einen Hinweis auf seinen Verbleib entdecke, bildet dieses Manuskript den Hauptteil des Romans. In drei Teilen erzählt Tang sein Leben. Teil 1 behandelt dabei seine Jugend und das Studium, Teil 2 das frühe Modell L., dem "Monster", Teil 3 E., der Innenarchitektin.

    Außer Tang, dessen Name und Vorname Unhyon bekannt wird, haben alle anderen Personen keine Namen. Die Mitglieder seiner Familie gar keine Namen (außer der Schwester Hae-sook), nur Bezeichnungen wie Vater, Mutter, jüngere Schwester usw., die anderen Personen nur Initialen eines Mononyms. Bei koreanischen Namen hätte ich ohnehin immer das Problem, dass mir die Referenzwerte fehlten und die Namen als unisex erscheinen, keinen Hinweis auf das Geschlecht der Person geben. Interessanterweise sind die Initialen besser zu erinnern als die eigentlichen fremdländischen Namen. Für kulturell Näherstehende mag das anders sein, haben die Namen ja oft Bedeutungen und sind mit Assoziationen behaftet, die mir hier ganz fehlen.

    L. und E. sind diametral unterschiedliche Personen, aber bei allen Unterschieden in ihrem Erscheinen und ihren Reaktionen sowie Strategien zur Verschleierung des Inneren sind beide gleichermaßen verletzlich. Tang liebt sie beide, sofern ihm das überhaupt gelingt. Dabei gibt er in seiner Güte und ruhigen Art und wird genommen, aber er bekommt auch - künstlerisch, aber nicht als Mensch. Oder doch? Aus irgendeinem Leiden, einer Seelenqual, ist sein Verschwinden jedenfalls nicht zu erklären, es scheint keine zu geben.

    Irgendetwas in diesem Roman räsoniert in mir, obwohl ich mit keiner Person irgendetwas Spezifisches teile. Das Leiden von L. nimmt mich mit, das Leiden von E. lässt mich kalt. Unhyons Erkenntnisse und Lebenslehre aus Teil 1 kann ich gut nachvollziehen, seine Art als Erwachsener ist mir fremd. Ein geheimnisvolles Werk, das mir speziell gut gefällt.

  • Lena

    Eines Tages verschwindet der Bildhauer Jang Unhyong nahezu spurlos. Zu seinen Hinterlassenschaften zählen seine Gipsabdrücke von menschlichen Körpern und ein Tagebuch. Darin schildert er seine Suche nach Intimität und Nähe in einer Welt, in der jeder sein wahres Ich hinter einer Maske zu verstecken scheint.

    Das Menschen nicht immer tatsächlich die sind, die sie vorgeben zu sein lernt Jang Unhyong schon als Kind. Seine Familie scheint nach außen perfekt, hinter verschlossenen Türen ist das Miteinander jedoch von fehlender Zuneigung und Gefühllosigkeit geprägt. Um nicht auch noch von anderen Menschen getäuscht werden zu können, versucht Unhyong daher stets hinter ihre Masken zu blicken. So entwickelt er eine enorme Faszination für Hände und glaubt an ihnen die Wahrheit viel deutlicher als an Gesichtern ablesen zu können, da Menschen weniger auf sie achten und kontrollieren. Als Erwachsener beginnt er schließlich Gipsabdrücke von den verschiedensten Menschen zu nehmen um sie ihrer Hülle zu entkleiden. Seine Begeisterung gilt vor allem denjenigen, die nicht den klassischen koreanischen Schönheitsidealen und Normen entsprechen. So wird nebenher das Leben zweier Frauen nahe der Selbstzerstörung beschrieben, die ihm in seinem Atelier Modell stehen. Die Verbindung aus Handwerkskunst, dramatischen Schicksalen und der Kritik an einer Gesellschaft die Frauen nach ihren Ansprüchen zu modellieren versucht macht Han Kangs Geschichte wahrhaftig originell. Manche Szenen sind, der Thematik entsprechend, widerlich und schwer zu lesen. Alles in allem ist die Handlung jedoch sehr atmosphärisch und intensiv. Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung, Einsamkeit und Intimität sowie Individualität und Anpassung versuchen die Charaktere ihren Weg und Glück zu finden. Das Ende bleibt offen, was einen erstmal in seiner Abruptheit vor den Kopf stößt, dann allerdings hoffnungsvoll zurücklässt.

    "Deine kalten Hände" war mein erstes Buch der Autorin und hat mich wirklich begeistert. Nicht nur der Schreibstil sondern auch die besondere Handlung konnten mich fesseln. Gleichermaßen merkwürdig wie faszinierend kritisiert Han Kang mit klarer Sprache eine scheinbar makellose Gesellschaft. Ich freue mich bald ihre anderen Werke zu lesen!

  • Nomnivor

    Könnte Han Kang bitte aufhören, mein Leben mit ihren Büchern zu zerstören? Danke.

    Trigger in diesem Buch: Vergewaltigung, physischer und psychischer Missbrauch an Kindern, Essstörung, Fatshaming

  • Tweeix

    Wie bereits das Buch "Die Vegetarierin" von Han Kang ist auch dieses Buch in einem ganz besonderen Stil geschrieben. Es hat keinen typischen Spannungsaufbau und trotzdem konnte es mich aus irgendeinem Grund fesseln. Die Geschichte ist sehr abstrakt und für einige Leser sicherlich auch sehr merkwürdig, teils verstörend. Diese Geschichte hinterlässt einen starken Eindruck und wie bereits bei "Die Vegetarierin" regt dieses Buch auch nach dem Lesen noch zum Nachdenken an. Ich liebe die düstere, teils schon erdrückende Stimmung die dieses Buch in mir auslöst. Das Buch kritisiert viele Aspekte unserer heutigen Gesellschaft, stellt sie aber nicht in den Hauptfokus der Geschichte.

    Der mittlere Teil des Buches kam mir an wenigen Stellen nur etwas langgezogen vor und die Entscheidungen und Denkweisen des Protagonisten waren oft schwer nachzuvollziehen.

  • Minnie

    Ich weiß nicht Recht wieso, aber es ist mir auch bei "Die Vegetarierin" aufgefallen, dass ich nicht weiß, wie ich Han Kangs Bücher bewerten soll. Ihre Geschichten sind skurril, absurd, aber auch poetisch und einzigartig.

    Ich denke, ich habe das Buch gemocht und mir ist das Lesen diesmal viel leichter gefallen als beim letzten Mal, weil ich bereits wusste, wie ich mit ihrem Schreibstil und der Art ihrer Geschichten umzugehen weiß.

    Man weiß nie, woran man dran ist bei ihren Geschichten und es ist unmöglich das Ende hervorzusehen, weil es niemals eins gibt. Vielleicht irritiert das manche Menschen (mich hat es in "Die Vegetarierin" sehr irritiert), aber ich weiß mittlerweile die guten Seiten eines offenen Endes zu schätzen.

  • Chiara

    Mein erstes Buch von Han Kang, von der viele wohl eher ,die Vegetarierin‘ kennen bzw. gelesen haben. Nach der letzten Seite habe ich bestimmt eine viertel Stunde dagesessen und ins Leere gestarrt, so schwer hat der Inhalt nachgeklungen und mich ein bisschen ratlos zurückgelassen. Ein unglaublich intensives Buch, dass sich sowohl um Einsamkeit aber auch um körperliche und seelische Makel dreht. Welche Strategien entwickeln Menschen, um vermeintliche Fehler und Unvollkommenheiten zu kaschieren oder zu verdecken? Hier finden sich einige Methoden davon. Mit einer unheimlichen und beklemmenden Atmosphäre versehen, schafft es die Autorin wie keine zweite, dass einem dieses Buch direkt in die Eingeweide fährt. Tiefe Traumata der Protagonisten sind eng verwoben mit deren völlig zerrütteten Körpergefühlen und durchdrungen von nicht vorhandenem Selbstwert. Wer ein außergewöhnliches und stimmungsgeladenes Buch sucht, dass sich so intensiv mit inneren, destruktiven Prozessen eines Menschen befasst, wird hier fündig.

  • Anna Laut

    Anspruchsvolle, schöne Lektüre. In die sehr schnörkerllose Sprache muss man sich etwas einwurschteln, aber dann ziehen einen die Figuren mit ihrer rätselhaften Skurrilität sehr angenehm in den Bann.
    Habe in etwas zu großen Etappen gelesen und würde das Buch empfehlen, im Urlaub oder an einem Regenwochenenede "in einem Rutsch" zu lesen, um sich von der eigenartigen Wirkung berieseln und verzaubern zu lassen.

    Würde von der Lektüre allerdings dringend abraten, wenn man sich von einer akuten Magenkrankheit erholen muss.

  • tadado

    Klassisch Han Kang - tiefgründig, detailreich und realistisch. Großartige Verwebung von Handwerkskunst, Lebensschicksalen und Literatur.

  • Book Princess (Anastasia)

    3,5/5 🌟

  • Ines

    this was certainly something, definitely enjoyed this more than The Vegetarian

  • JuneAutumn

    Der Roman Deine kalten Hände ist ein frühes Werk der Autorin Han Kang, die mit ihren jüngeren Büchern viel Beachtung gefunden hat. Für mich ist es jedoch der erste Roman, den ich von ihr lese, was meinen Eindruck vielleicht etwas anders als den derjenigen macht, die schon mehr von ihr gelesen haben.

    Die Schriftstellerin H. hat durch Zufall mehrere Kunstwerke des Künstlers Jang Unhyong erlebt, welche großen Eindruck bei ihr hinterlassen haben. Jang Unhyong nimmt Abdrücke von Körperteilen, um diese als Formen zu verwenden oder neue Kunstwerke daraus zu kreieren. Eines Tages treffen sich die beiden, und H. fragt Unhyong nach seinem Antrieb. Er bleibt die Antwort schuldig. Einige Zeit später kontaktiert seine Schwester H., um ihr mitzuteilen, dass Unhyong vermisst werde, er aber ein Manuskript hinterlassen habe, in dem auch sie erwähnt werde. Sie schickt ihr dieses Manuskript.

    Das Manuskript ist in drei Teile unterteilt, von dem das erste seine Kindheit, das zweite seine Begegnung mit L. und das dritte die Begegnung mit E. beschreibt. Schon als kleiner Junge war ihm bewusst, dass wir in einer Welt der Masken leben, jeder, er selbst ebenso.

    „Mit der großen, schwarzen, viereckigen Hornbrille sah ich mir selbst nicht mehr ähnlich. Dass mein Gesicht völlig verändert aussah, war befreiend. Wie in einer guten Verkleidung hatte ich den Eindruck, dass mich niemand mehr erkennen konnte.“ (S.51/52)

    Er ist sehr einsam, fühlt sich nicht zugehörig, sein liebloses Elternhaus gibt ihm keine Geborgenheit, kann ihm seine Ängste nicht nehmen.

    „Ich bekam gute Noten, war gehorsam und tüchtiger als alle anderen. Aus diesem Grund wurde ich nicht im Stich gelassen.“ (68)

    Er geht auf die Universität und studiert Kunst. Erste Ausstellungen werden positiv aufgenommen. Er wendet sich von den Masken ab, ist besessen von Händen. Und er begegnet L., die stark übergewichtig ist und die für ihn faszinierendsten Hände hat. Sie wird sein Modell, zuerst für die Hände, später für den ganzen Körper. Es entwickelt sich etwas zwischen ihnen, und sie öffnet sich ihm langsam, und erzählt ihm ihre Geschichte. Und verlässt ihn für einen anderen, ein zerstörerischer Schritt.

    Als er E. kennenlernt, übt diese eine ganz andere Faszination auf ihn aus. Er will ihr Gesicht, eine Maske ihres Gesichts. Doch sie will ihre Maske vor ihrem Gesicht behalten, denn auch sie hat eine Geschichte dahinter zu verbergen.

    Deine kalten Hände ist ein einfühlsamer, brutaler Roman. Ja, das ist möglich, Han Kang macht es möglich. Viele Themen werden angeschnitten, was manche Rezensenten bemängelt haben, es geht um Gewalt, Körperidentität, Krankheit, und ja, die Masken, die wir alle tragen. Sie behandelt ihre Themen in einer recht kühlen Sprache, sie lässt Unhyong erzählen, aber selten wird er emotional. Was genau diese Emotionalität auf mich zurückgeworfen hat. Der Roman hat mich im Inneren gepackt und in den Magen geboxt, er hat mich hineingesogen und wieder ausgespuckt, er war ekelhaft und so nah an mir dran.

    Jeder trägt seine Masken, sie bieten Schutz, man kann sich verstecken, muss der Welt nicht sein Innerstes herausposaunen. Doch dreht man diese Masken um, sieht man, je fester sie auf dem Gesicht gesessen haben, jede Linie, jedes Abzeichen, das das Leben hinterlassen hat, eingeprägt, für immer konserviert. Vielleicht will man sie dann zerschlagen. Bevor jemand sie betrachten kann.

    Ich weiß nicht, wie viel meisterlicher Han Kang schreiben kann, bin einerseits gespannt, wie sie sich weiter entwickelt hat, andererseits ein wenig abwartend, weil dieser Roman mir so gut gefallen hat.

  • L

    It is hard for me to form a consistent impression of Han Kang's writing. While "The Vegetarian" went completely over my head and I couldn't understand its popularity, I loved "Human Acts" and would count it as one of my absolute favourites. (I also read "The White Book", and it was kinda okay.)

    I couldn't pin down, where on the scale this book might fall. I enjoyed the theme of bodies and beauty standards and shame. The story and atmosphere was weird and mesmerizing, but I found it hard to engage with the story or to pin down a definite meaning which stood out for me. I will keep it in my collection for now. Oh, and I really need to reread "Human Acts".