Title | : | Es war doch gut gemeint: Wie Political Correctness unsere freiheitliche Gesellschaft zerstört (German Edition) |
Author | : | |
Rating | : | |
ISBN | : | 395971842X |
ISBN-10 | : | 9783959718424 |
Language | : | German |
Format Type | : | Kindle Edition |
Number of Pages | : | 288 |
Publication | : | Published September 11, 2017 |
Der öffentliche Diskurs wird zunehmend von Sprech- und Denkverboten bestimmt. Wer sich negativ über Flüchtlinge äußert, gerät schnell unter Rassismusverdacht, und sich über den politisch unkorrekten US-Präsidenten Trump lächerlich zu machen, scheint wichtiger zu sein als die Frage, warum er überhaupt gewählt wurde.
Durch das Gefühl, nicht mehr sagen zu dürfen, was man denkt, wird eine Spannung in der Gesellschaft erzeugt, die sich in einer starken Polarisierung mit Tendenz zum Extremen zeigt. In ihrem Buch zeichnen der Medieninformatiker Daniel Ullrich und die Psychologin Sarah Diefenbach nach, welche guten Absichten ursprünglich hinter der Political Correctness standen und wann das Ganze aus dem Ruder gelaufen ist. Gleichzeitig decken sie anhand
zahlreicher Beispiele auf, welche Auswirkungen Medienmanipulation, Framing und Filterbubbles auf unsere Meinungsbildung haben und was es dem entgegenzusetzen gilt.
Ein Buch, das aufzeigt, wie es um die Meinungsfreiheit in unserem Land bestellt ist, und Es muss sich etwas ändern!
Es war doch gut gemeint: Wie Political Correctness unsere freiheitliche Gesellschaft zerstört (German Edition) Reviews
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“Eine Ideologie wie die der Political Correctness kann nicht dauerhaft mit anderen Meinungen koexistieren, eben weil sie Absolutheitsanspruch erhebt – sie will keine Option sein, sondern die Regeln für die gesamte Gesellschaft vorgeben.“ (S.256)
Ein Satz wie dieser klingt erst einmal ernüchternd hart und scheint auch im Widerspruch zum Titel des Buches zu stehen, aber wer den beiden Autoren, Sarah Diefenbach (Psychologin) und Daniel Ullrich (Medieninformatik), durch ihre sehr ausführliche Analyse der Wirkungsweise und psychologischen Mechaniken der Political Correctness gefolgt ist, und wer jetzt beispielsweise sieht, wie Gendersprache entgegen dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung in Medien, an Universitäten und teilweise auch an Schulen gnadenlos durchgeboxt wird, der dürfte kaum umhinkommen, diesem Resümee zuzustimmen.
Auf knapp 300 Seiten entfalten Diefenbach und Ullrich eine sehr ausgewogene, meist leidenschaftslose Analyse der Gefahren, die von der PC-Bewegung ausgehen – sowohl für die Berichterstattung in den Medien als auch für das Diskussionsklima in der Öffentlichkeit –, wobei sie die anfänglich wohlmeinenden Intentionen, von denen das Bemühen um diskriminierungsfreie Sprache und das Bemühen um eine ihre eigenen unausgesprochenen Annahmen hinterfragende Berichterstattung getragen war, keineswegs in Abrede stellen. In ihrer Darstellung wird allerdings deutlich, daß diese guten Absichten sich sehr bald in ihr Gegenteil verkehrten, indem die PC sich in eine Art Ersatzreligion verwandelte, die sich dadurch auszeichnet, daß ihre Anhänger fanatisch und unreflektiert an bestimmten Sprachregelungen, Opferkategorien und Dogmen festhalten, die nicht nur im Einzelfall von der Realität ad absurdum geführt werden – man nehme nur das Beispiel der verschwiegenen Mißbrauchsfälle in Rotherham –, sondern die auch noch oftmals miteinander logisch nicht in Einklang gebracht werden können. Da PC aber mittlerweile zur weltlichen Religion aufgestiegen ist, haben ihre Anhänger auch Mechanismen entwickelt, wie beispielsweise die Doppelstandards, die es ihnen erlauben, sich nicht länger dem Realitäts- und dem Schlüssigkeitstest zu stellen. Im Zweifelsfall ist eben jeder, der es wagt, an den Dogmen der PC Zweifel anzumelden, ein Teil der Neuen Rechten, mit dem man sich diskursiv nicht mehr auseinandersetzen muß. Motiviert werden viele PC-Anhänger nach Meinung der Autoren vor allem von dem sogenannten Alpha-Motiv, d.h. recht eigentlich durch das bloße Bedürfnis, sich gut zu fühlen, und das könne man ja recht kostengünstig und ohne große Mühen, im Sinne des Slacktivism, indem man am heimischen Computer diesen oder jenen Hashtag – was halt gerade in Mode ist – unterstütze.
Es war doch gut gemeint. Wie Political Correctness unsere freiheitliche Gesellschaft zerstört wurde einige Jahre vor der Corona-Pandemie veröffentlicht, und trotzdem zeigt das Buch auf erschreckend nachvollziehbare Weise, wie sich eine Gesellschaft immer weiter spalten kann, wenn beispielsweise ein Teil der Bürger den Mainstream-Medien recht unkritisch folgt, ein anderer aber mit ebenso großer Unbedingtheit in den Alternativ-Medien seine Wahrheit zu finden vermeint, und wenn es in bestimmten Fragen keine zwei Meinungen mehr geben zu dürfen scheint, weil beispielsweise jeder, der eine bestimmte medizinische Maßnahme mit Skepsis betrachtet, zum metaphorischen Geiselnehmer erklärt wird. Schon damals kamen die zwei Autoren zu einem bedrückenden Zukunftsszenario und konnten nur auf dem Wohlmeinen aller basierende Möglichkeiten benennen, dieses abzuwenden. Die letzten drei Jahre dürften die pessimistischen Thesen der zwei Verfasser eher erhärtet als widerlegt haben.
Alles in allem finde ich dieses Buch in seiner Analyse ebenso überzeugend wie deprimierend und würde jedem raten, es einmal genau zu lesen. Dennoch gibt es aus meiner Sicht auch etwas zu beanstanden, nämlich zum einen die unkritische Verwendung mancher problematischen Schlagwörter, die man oft auf den Zungen von Menschen findet, mit denen zumindest ich mich nicht gemein machen möchte. Als vorrangiges Beispiel wäre hier der ohne Anführungszeichen verwendete Begriff „Schuldkult“ zu nennen, der für mich ganz eindeutig verbrannt ist. Ein zweites Manko sehe ich darin, daß die AfD hier in manchen Beispielen oftmals schon ein wenig in der Opferrolle dargestellt wird, in die sie sich mitunter kalkuliert– beispielsweise durch Tätigung von Aussagen, die bewußt mißverständlich sind – bringt. Hiermit könnten sich die Autoren einen Bärendienst erweisen, denn allzu leicht lassen sich gerade solche Beispiele doch hinterfragen.
Trotz dieser feststellbaren Mängel habe ich durch die Lektüre dieses Buches die Gefahr, die durch den PC-Kult für unsere freiheitlich-demokratische, auf diskursive Konsensbildung angewiesene Gesellschaftsordnung ausgeht, besser verstehen können.